Mikroabenteuer, Naturbeobachtungen und Trekking für Leute mit Schlaubrille
21. Juli 2020

Chaos im Blumenkasten

By In Deutschland, Mensch und Natur

oder auch: Kleine Ökosysteme einfach zulassen, ohne groß Ahnung zu haben

Zwischen all den Beton- und Mauerfassaden, Reklamewänden, Wellblechverblendungen und Holzzäunen sehnt sich der Mensch doch immer wieder nach Grün. Es scheint in seinem allertiefsten Innersten zu liegen. Vielleicht spüren Menschen noch die Urahnen in sich, für die Äste und Blätterdach lange Zeit ausschließliches Zuhause waren, wer weiß. Und so wird gebuddelt und montiert, die Gartencenter quellen zum Frühjahr über mit Kunden; und in den Supermärkten stehen als schnelles Schnäppchen die fertig gepflanzten Fensterbrett-Blümchen bereit. Lassen wir mal den Abgrund der Hölle, die toten Kiesgärten neudeutscher Garten(un)kultur, beiseite, so ist die große Masse der Deutschen durchaus eifrig am Pflanzen und Gärtnern. Denn nur, wo etwas wächst, lässt sich gemütlich zurücklehnen und den Grill anschmeißen. Oder einfach nur aus dem Fenster schauen. Und das kann dann so aussehen:

(Bildquelle: wikimedia.org)

Naja, oder eben so:

Ich gebe zu, die zweite Ansicht entspricht weniger dem Ordnungsbedürfnis des gemeinen Schrebergärtners, dessen „Tomatenrrrrreihen” mit dem Lineal vermessen werden. Aber im Vergleich zur herkömmlichen Standardbepflanzung mit möglichst schicken Baumarktblumen tut sich IN der unordentlichen Version viel mehr und es gibt für das scharfe Auge eine ganze Menge zu beobachten. Und (so ganz nebenbei) wird ein kleiner grüner Fleck für Lebewesen geschaffen, denen der Mensch ansonsten ganze Lebensräume wegnimmt – weil er es halt kann.

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Yay, ich will Chaos – eine Bauanleitung

Du möchtest auch so einen Wildwuchs in deinem Fenster wagen? Nur wie beginnen?
Ganz einfach, du brauchst nur folgendes:

1. Wasser- und luftdurchlässige Blumenkästen mit Ablauflöchern, am besten Kästen aus unglasiertem Ton.

2. Eine Wasserauffangwanne aus Plastik – gerne deutlich größer. Dies zuliebe deinem Nachbarn unter dir (Tropfwasser), aber auch für wassersuchende Insekten.

3. Eine funktionelle Idee, wie du deinen Kasten Absturz- und Sturmsicher befestigen kannst. Das ist oft schwierig und es gibt leider keine Standardlösung. Handelsübliche Klemmstangen, die sich in die Fenster-Ummauerung klemmen lassen, sind ungeeignet. Sie halten dem Gewicht eines umkippenden Blumenkasten nicht stand und eignen sich nur für kleine Blumentöpfchen.
Alternativ kannst du z.B. dein Schreinertalent entdecken und einen passgenauen Überkasten oder ein Geländer in die Fenster-Ummauerung zusammenspaxen, gesichert mit einer Verschraubung im Gemäuer. Achtung: Alles was die Fassade betrifft, solltest du sicherheitshalber mit deinem Vermieter abklären.
Manchmal bieten auch die Fenster selber mit Schraublöcher in ihrem Innenrahmen die Möglichkeit etwas zu verankern. Du kannst z.B. Stahlseil-Sicherungen durch das zugeklappte Fenster führen. Hierbei musst du Acht geben, dass bei dem Sicherungsmaterial (Stahldraht oder reißfestes, witterungsbeständiges und UV-geschütztes Wäscheseil mit Polyesterkern) keine Bruchstelle entsteht – du musst es regelmäßig überprüfen und in Abständen (je nach Beanspruchung und Sonneneinstrahlung) austauschen.
Auf jeden Fall muss dein Kasten wirklich gut gesichert sein! Bei Sturmwarnung musst deine Konstruktion außerdem die Option lassen, den Kasten für eine kurze Zeit rein zu holen.

4. Erde. Bitte nimm torffreie Blumenerde. Die zwei bis drei Euro, die du dafür mehr hinlegst, lohnen sich für dich, für das Klima und für die Lebensraum- und Artenvielfalt. Leider besteht die Standard-Blumenerde immer noch zu einem Großteil aus dem Naturraum entnommenen Torf. In einem natürlichen Moor aber erneuert sich pro Jahr nur 1 bis 10 mm neuer Torf – es braucht also Jahrtausende um ein ausgeraubtes Moor mit einer Bodentiefe von nur 4 Metern wiederauferstehen zu lassen. (In unserem Artikel über ein Moor in der Dübener Heide kannst du etwas über die Wunderwelt eines unserer regionalen Moore nachlesen) Dank uns Menschen gibt es leider nur noch wenige naturbelassene Moore, wir sollten sie also unbedingt schützen. Und wirklich nötig ist Torf in deinem Kasten eigentlich auch nicht. Torffreier Erde werden Kokosfasern zugesetzt, oder Rindenhumus und diese Zutaten funktionieren als Wasser- und Nährstoffspeicher ebenso gut.

5. Dünger. Alle zwei Wochen solltest du deinem Kasten externe Nährstoffe zuführen. Das hängt natürlich ein bisschen davon ab, was bei dir so wächst. Die Malve in meinem Kasten liebt z.B. stickstoffreiche Böden und sollte dementsprechend auch über die Frühjahres- und Sommermonate eine regelmäßige Zufuhr bekommen. Düngen kannst du übrigens gut mit untergebuddeltem Kaffeesatz (wusste Oma auch schon) oder mit einer angesetzen Brennesseljauche.

6. (optional): Wildlife-Plugins! Den Wildbienen, die deine Blumen besuchen kommen, kannst du gleich ein Zuhause für ihren Nachwuchs anbieten, indem du kleine Insektenhotels beim Blumenkasten am Mauerwerk aufhängst. Achte darauf, dass sie richtig gefertigt sind, damit die Bienenbrut nicht durch Schimmel oder herausstehende Holzfasern zerstört wird. Der Shop des Nabu bietet hier viele schöne und günstige Möglichkeiten an und du unterstützt damit gleichzeitig eine gute Organisation.

Meine Insektenhotels vom NaBu waren schon Ende März komplett von der gehörnten Mauerbiene (Osmia cornuta) belegt. Die zugekleisterten Brutröhren bleiben bis ins nächste Frühjahr geschlossen, dann schlüpfen aus jeder Röhre zwischen vier bis acht neue Plüschbrummer.  (Foto: © Birte Sedat, 2020)

 

Etwas Totholz ist nicht nur dekorativ, sondern es freuen sich auch Käfer, Ameisen und Schlupfwespen über die sich anbietenden Rillen. Wenn du das Holz im Hochsommer partell mit gießt, hält gerne auch mal ein Sechsbeiner an um etwas Flüssigkeit zu schlürfen. Apropos Trinken: Du kannst deine Überlaufschale mit Kieselsteinen, Schneckenhäuser, Ästchen etc. auslegen. So können Insekten sich darauf niederlassen und trinken, ohne ins Wasser zu rutschen und zu ertrinken. Und um noch mal zum Holz zurückzukehren: Ein angebrachter, kleiner Sitzzweig bietet Singvögeln die Möglichkeit einer unverbindlichen Landung, um deinen Kasten für einen Samen- oder Insektensnack etwas näher in Augenschein zu nehmen.

Ein Amselhahn nutzt den Sitzast ganz gerne, um einen Blick über sein Innenhofrevier zu werfen, Amselgesang direkt am Fenster inklusive.  (Foto: © Birte Sedat, 2020)

 

 

Auch den Sommer über können Vögel aufgrund enger werdender Lebensräume und dem fortschreitenden Insektensterben durchaus ein erweitertes Futterangebot gebrauchen. Du kannst also ohne Bedenken an deinen Blumenkästen auch Vogelgeeignete Energieblöcke für Körner- und Samenfresser, sowie für Insektenfresser anbieten. Selbiges gilt für ein Schälchen Wasser. Achte bitte darauf, dass Wasser täglich ausgewechselt werden muss und kein Vogelkot die Nahrung beschmutzen darf. Meide die mit Plastiknetzen umhüllten Meisenknüdel. Sollte in deiner Region das Usutu-Virus auftauchen oder ein Kohlmeisensterben auftreten, dann entferne bitte die Futterstellen um Übertragungsorte auszuschließen.

Was wächst denn da? Die richtigen Pflanzen im Blumenkasten

Wenn du deinen Kasten nach einer ersten Aussaat oder Bepflanzung vor sich hin wildern lässt, wirst du feststellen, dass mit der Zeit die eine oder andere Pflanze durch Wind oder Vogelbesuche dazu migriert. Für zusätzliche Überraschung kannst du mit einer Handvoll Erde sorgen, die du bei einem Spaziergang in der Natur mit nimmst. Da in einem wilden Kasten rein gar nichts „Unkraut” ist, heißt es bei allem: Freuen, beobachten und irgendwann bestimmen. Als Bestimmungshilfe empfehle ich dir sehr die App Flora Incognita. Mit ihr kannst du auf eine sich ständig erweiternde Datenbank von momentan rund 4800 mitteleuropäischen Pflanzen zurückgreifen. Damit lässt sich fast alles bestimmen, was dir so in deinem Blumenkasten begegnen könnte.

Bienen- und Schmetterlingsblumen-Samentüten sind mittlerweile gut bekannt, überall erhältlich und ein wahres Überraschungspäckchen, über das sich immer wieder freuen lässt. Aber Achtung: Die Tütchen sind durchaus auch kritisch zu betrachten, denn oft bestehen diese Saatmischungen aus einem wilden Durcheinander regionaler und internationaler Blütenpflanzen, die meist auch nur einjährig blühen. Bunt ist sicherlich toll, aber vorrangig solltest du regionale und mehrjährig blühende Pflanzen deinen ebenso regionalen Wildbienen anbieten, von denen viele sich auf hiesige Pflanzen spezialisiert haben. Mach dich auf Seiten von Naturschutzorganisationen wie NaBu oder BUND schlau, was in deiner Gegend so alles wächst und versuche gezielt passende Pflanzen in deinem Kasten zu integrieren. Auf der Seite der Wildpflanzen-Akademie findest du eine Liste mit Anbietern regionaler Sämereien.

Um nicht nur auf platte Erde zu gucken, kannst du natürlich auch schon etwas aus der Gärtnerei pflanzen. Auch hier sollte dein Schwerpunkt auf (meist kleinblütigen) regionalen Pflanzen liegen.

Chaos versus Ordnung für gefiederte Besucher

Wenn du es schaffst ein kleines grünes Fleckchen erfolgreich im Betondschungel zu etablieren, werden die Besucher nicht ausbleiben. Voraussetzung allerdings ist, dass du dein Ästhetik-Gen, welches verblühte Pflanzen und „braunes Gestrüpp” gerne zurückschneiden und gegen neue Pflanzen ersetzen möchte, einfach mal ausknipst. Lass das vermeintlich hässliche Zeug ruhig stehen oder schneide es nur partiell zurück, um nachrückenden Pflanzen ein bisschen Platz zu schaffen. Die verblühten Pflanzen sind wichtig, denn nach ihrer Bestäubung bilden sie Fruchtkörper und Samen aus, die ein essenzieller Nahrungsbestandteil unserer Singvögel sind. Dadurch, dass Wiesenstreifen in der Stadt grundsätzlich abgemäht werden, wenn sie nicht mehr „hübsch” aussehen, geht Vögeln eine Nahrungsquelle nach der anderen verloren. Es bleiben nur die verfütterten Brotkrumen der Parkbesucher – Nährstoffmangelerscheinungen und Krankheiten inklusive. Mit deinen verblühten Pflanzen kannst du nicht nur erfolgreich Geranienkastenbesitzer*innen ärgern, sondern du hast mit etwas Glück eine echte Vogelparty auf deinem Fensterbrett.

Willkommene Mahlzeit: Sperlinge und andere Körnerfresser picken sich gerne die Samen aus verblühten Blumen. (Foto: © Birte Sedat, 2020)

 

 

 

Kleiner Tipp am Rande: Um Vögel nicht zu verscheuchen und still beobachten zu können, kannst du dein Fenster im Sichtbereich mit einer Spiegelfolie verblenden. So sehen dich die Tiere draußen nicht, aber du kannst ganz nah an sie heran, Fotos machen und/oder dich einfach über sie freuen. Denk bitte daran, nicht allzu große Flächen zu verspiegeln, damit Vögel nicht aus Versehen die Spiegelfläche für eine Durchflugzone halten.

Die Spatzengang versammelt sich am Fenster-Buffet und fühlt sich dabei total unbeobachtet.  (Foto: © Birte Sedat, 2020)

Hautflügler & Co.: Insekten und Wirbellose

Die allerersten und sehr offensichtlichen Besucher deines Kastens sind alle Sechsbeiner der Hautflügler-Fraktion, allen voran Vertreter*innen unserer rund 585 Wildbienenarten (zu denen übrigens auch die Hummeln gehören). Faszinierend grade bei den Bienen ist, wie vielfältig ihr Erscheinungsbild sein kann. Erinnert die Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea), die größte heimischer Wildbienenart, mit ihrem tiefen Brummen eher schon an eine beeindruckende Gothic-Version der Hornisse, so muss bei Maskenbienen, die nur wenige Millimeter groß sind, schon genau hingeschaut werden um sie nicht mit kleinen Schwebfliegen zu verwechseln.

Unbestimmte, wirklich winzige (und leider etwas unscharfe, weil WIRKLICH klein mit ihren ca. 6 mm und außerdem seeeeehr schnell) Minibine auf einer Kleinblütigen Bergminze (Calamintha nepeta) (Foto: ©Birte Sedat, 2020)

Apropos Schwebfliegen, als Pollen- und Nektarfresser sind auch sie gerne Gast an den Blüten. Und, mensch höre und staune, auch die eine oder andere Wespe gönnt sich hier einen Happen. Bei wem jetzt gleich der Wespenalarm klingelt: Keine Sorge, denn ich habe festgestellt, dass Wespen, die auf einen Imbiss vorbeikommen, sich bei geöffnetem Fenster kaum bis gar nicht ins Innere des Zimmers verirren. Offensichtlich reicht ihnen das Angebot im Kasten völlig aus, denn hier wird ihnen die der sie nicht nur attraktiven Nektar, sondern auch Honigtau inklusive der Blattläuse und weiter schmackhafte Insekten angeboten. Auch bei den Wespen lohnt sich ein zweiter Blick. Manch eine gelb-schwarze Vertreter*in entpuppt sich als Wildbiene: Die Wespenbiene (Nomada fucata) sieht der Gemeinen Wespe (Vespula vulgaris) zum Verwechseln ähnlich und macht sich diese Ähnlichkeit zu Nutze. Hautflügler sind sie natürlich alle und es macht wirklich staunen, wie vielfältig diese Gruppe ist.

Je kleiner, desto krabbel…

Mit einer Lupe oder mit einer Mikroskopkamera lässt sich im Kasten noch viel mehr entdecken: Kleine Spiderlinge, die nach erfolgreichem Erstflug in deinen Pflanzen landen und ihr erstes Miniradnetz spinnen, Rüsselkäfer, Raupen, Ameisen, Blattläuse, Springschwänze. Nicht alles kann bestimmt werden, manch ein Mitbewohner gibt ungelöste Rätsel auf, wie dieses platte und sehr gut getarnte Tier hier, dass auf jeden Fall keine Raupe ist. Bei der Identifikation konnte mir dann letztendlich die Fotografin Kersin Berger weiterhelfen, deren Fotografien wirklich wunderschön und sehenswert sind: Voilà, hier sehen wir die Larve einer Schwebliege.

Suchbild: Finde das Tier. Tipp es ist grün und befindet sich um Zentrum des Bildes an der rechten Kante des Malvenblattes. Wie sich herausstellt handelt es sich hier um den Nachwuchs einer Schwebfliege. (Foto: © Birte Sedat, 2020)

 

Andere Tiere hingegen lassen sich, trotz großer Artenvielfalt, sehr leicht bestimmen, da sie an ihre Wirtspflanzen gebunden sind. Rüsselkäfer zum Beispiel sind Vertreter einer ganz besonders umfangreichen Familie mit rund 780 Arten allein nur in Deutschland. Und sie sind meist winzig und sehen sich alle auch noch sehr ähnlich.

Die Kinderstube des Zweifarbigen Malven-Spitzmäuschens (Malvapion malvae) findet sich in den Fruchtkörpern der Malve, wie sich gut an den Schlupflöchern und dem Vorhandensein der Käfer an den Fruchtkörpern erkennen lässt. (Fotos: © Birte Sedat, 2020)

Dieser klitzekleine Käfer hier aber ist sich leicht zu identifizieren, denn er ist, wie sein niedlicher Name „Zweifarbiges Malven-Spitzmäuschen” (Malvapion malvae) verrät, auf Malven spezialisiert. Wenn der Malve gestattet wird nach dem Verblühen Fruchtkörper auszubilden, findet dieser Rüsselkäfer ein Zuhause für seinen Nachwuchs. Fraßlöcher in den Malvenblättern müssen dann allerdings in Kauf genommen werden.

Bei vielem, was da kreucht und fleucht und was Löcher in hübsche Blätter frisst, würde jeder kontrollfixierte Gärtner in Ohnmacht fallen und sofort die Schädlings-Hotline anrufen. In einem wilden Kasten darf alles existieren, solange es im Gleichgewicht bleibt.

Die Wollige Mauerspringspinne (Pseudeuophrys lanigera) ist nur wenige Millimeter groß und fühlt sich in der Nähe von Menschen echt wohl. Die Blattlaus bedeutet für sie ein richtig dicker Fang. (Foto: © Birte Sedat, 2020) 

 

Alaaaarrrrm! Mein System wird instabil!

Womit wir beim Thema wären. Da ein Blumenkasten bei aller Liebe zum Chaos ein künstlich angelegtes System bleibt, ist nicht auszuschließen, dass dieses auch kippen kann. Zuallererst müssen wir uns aber davon verabschieden, dass es echte „Schädlinge” gibt. Es gibt nur ein „zuviel“ oder „zuwenig” an: Nährstoffen, Populationen bei Fauna oder Flora, Wasser, Sonne, Schatten etc. Beginnt das System zu kippen, herrscht folglich irgendwo ein Ungleichgewicht, dass wieder grade gerückt werden muss. Dies passiert mit natürlichen Stellschrauben – pack also fix die Insektizide in die gedankliche Abstellkammer.

Wenn z.B. Blattläuse Einzug halten an deinen Pflanzen, dann stimmt meist etwas mit deren Abwehrkräften nicht. Mein Efeu, der zum einen dazu diente, dem Auge im Winter wenig Grün zu schenken und zum anderen die Kastenerde mit allem was darinnen ist, vor Frost zu schützen, bekam im Frühjahr ungeliebte Aufsitzer in Form der Schwarzen Bohnenlaus (Aphis fabae). Dies lag mit Sicherheit daran, dass meine Pflanzen nach dem Winter etwas geschwächt waren. Aber auch das erhöhten Blattlausvorkommen durch klimabedingte, besonders milden Winter und eine zu hohe Stickstoffkonzentration in meiner Erde machte den Befall leicht. Die erste Stellschraube bestand also darin, dem Boden erst mal keine weiteren Nährstoffe zuzuführen: Düngen verboten. Als nächstes mussten ganze Läuse-Kolonien durch manuelles Entfernen mit Pinsel und Wasser dran glauben. Das ist mühsam, schont aber die Pflanzen. Finale Eindämmungsmaßnahme war das Aussetzen von dreissig sehr gefräßigen Zweipunkt-Marienkäfer-Larven (Adalia bipunctata). Der Appetit dieser kleinen Raublarven ist enorm. Zusammen mit dem Fangdruck von Springspinnen, Wespen und Spatzen (die gerne im Efeu saßen und für den Nachwuchs einen süßen Blattlaus-Snack mitnahmen) konnte die hungrigen Großfamilien schnell dezimiert werden. Auch die Ameisen hatten dem, trotz fleißigem Hüte-Job, wenig entgegenzusetzen. Wahrscheinlich haben sie den Vorgang sogar beschleunigt, da Ameisenhirten ihren „Honigkühen” gerne mal die Flügel abbeißen, damit diese nicht fliehen und in einer anderen Ecke eine neue Kolonie gründen können.

 

Ein geglücktes Nest-Experiment

Den Tipp mit der partiellen Fensterfolie erwähnte ich ja schon bei den Wildlife-Plugins. Tatsächlich auf die Idee kam ich, als eine Amsel (Turdus merula) völlig angstbefreit begann, in einem der Blumenkästen ihr Nest zu bauen. Die Folierung gab ihr die nötige Privatsphäre – und mir die Möglichkeit fast mit im Vogelnest zu sitzen. Ich denke, der Bericht über die Amsel-Nachbarschaft ergibt einen weiteren Artikel. Ich schließe meine kleine Blumenkasten-Exkursion mit ein paar Impressionen aus dem Amselnest und wünsche dir, liebe*r Leser*in ganz viel Spaß und Erfolg beim ersten Blumenkasten-Experiment.

2 Comments
  1. Conny 21. Juli 2020

    Deine Seite ist ganz wunderbar. Und dieser kleine Amselfilm ist wirklich was fürs Herz! Werde weiterhin bei Dir vorbeischauen! Liebe Grüsse aus Hamburg! Conny

    Reply
    • Birte 22. Juli 2020

      Ganz lieben Dank! <3

      Reply

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